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„Von der Gastarbeit zur Migrationspolitik heute“Jukus veranstaltete am 7. Mai 2014 seine zweite Fachtagung in Graz mit dem Titel: "Von der Gastarbeiterpolitik zur Migrationspolitik heute". Geschichte und Archiv der Gastarbeit Die 50-jährige Wiederkehr der Unterzeichnung des Anwerbeabkommens 1964 mit der Türkei, waren Anlaß zur Tagung, das machten die Einleitungsworte von Ali Özbas, Vorsitzender von Jukus und der Landesrätin für Integration Bettina Vollath (SPÖ) deutlich. Verena Lorber, Historikerin an der Uni Graz und erste Referentin der Tagung legte den Fokus auf die Zeit zwischen 1961 – 1975. Sie erläuterte, wie sich die Anwerbepolitik aus den Akten darstellt, welche Rolle die Anwerbebüros spielten, welche Unterkünfte von Firmen zur Verfügung gestellt wurden oder wie die medizinischen Checks der Einwanderer – als traumatisch und entwürdigend beschrieben – an den Grenzen abliefen. Lorber betonte, dass im bisherigen Wissenschaftsdiskurs Frauen kaum vorkamen. "Frauen hat man vorwiegend im Kontext von Familienzusammenführung gesehen". Aber schon 1965 waren 13% der Zuwander*innen weiblich. Der Anteil stieg bis auf 25% im Jahre 1973. Etwa in der Textil- oder Lebensmittelindustrie waren weibliche Arbeitskräfte gefragt. Der Beitrag von Arif Akkiliç erläuterte die Arbeit seiner Organisation, die am Aufbau eines Archivs der Migration arbeitet. Akkiliç möchte die Gastarbeiterbewegung als wichtigen Teil der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Realität ab den 1960ern ins Gedächtnis rufen und ihren Stellenwert erhöhen. Es werden Interviews mit Gastarbeiter*innen aus der damaligen Zeit geführt und den Menschen der ersten Zuwanderungswelle wird eine Stimme verliehen. Zwischen Unterwerfung und Eigensinn Christoph Reinprecht, Soziologe an der Uni Wien und Lehrender in Paris betonte, dass die Gastarbeiterbewegung im Lichte der ökonomischen, kapitalistischen Rahmenbedinungen zu sehen seien. Dahinter stehen einerseits die Bedürfnisse der Wirtschaft aber auch der Wunsch des Einzelnen, ein gutes, bzw. besseres Leben für sich oder zumindest für seine Kinder zu errichten. So stark dieser Wunsch auch sein mag, die Auswanderung sei schwerer als gedacht. Es bedürfe erheblicher Ressourcen - das sind vor allem finanzielle, aber auch soziale, politische und kulturelle. Migration sei zwar ein Anpassungs - sprich Unterwerfungsprozess, kann aber auch als ein Projekt des Eigenwillens des Einzelnen verstanden werden, um zu einem besseren Leben zu gelangen. Er betonte, dass Partizipation ein elementares Vehikel für Teilhabechancen ist. Die Europäische Kommission betone das ebenso in ihren Dokumenten, so solle das "zivilgesellschaftliche Leben" gefördert werden. "Es stärkt die individuelle, kollektive Handlungsfähigkeit, wenn marginalisierte Gruppen sich engagieren und in bestehende Netzwerke einsickern", so Reinprecht. Integrationsarbeit mit Frauen Judith Hanser von Miteinander Lernen – Birlikte Öğrenelim/Wien und Asiye Sel von der Wiener Arbeiterkammer (AK) beleuchteten abschließend die Situation von türkischen Frauen; Hanser anhand der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte ihres Verein, der vor 30 Jahren gegründet wurde und Sel, die den Fokus auf die Erwerbsbeteiligung von türkischen Frauen legte http://pharmacieviagra.com/boutique/acheter-levitra/. Die Gruppe sei sehr heterogen, allein schon aufgrund der migrationsbiografischen Hintergründe. Das sei deswegen wichtig, weil das auch auf die Chancen und Bedingungen am Arbeitsmarkt Einfluß habe. Sel zitierte aus einer Studie der AK und den Daten der Statistik Austria 2012. Daraus gehe hervor, dass 70% der Frauen ohne Migrationshintergrund in Beschäftigung standen, jedoch nur 59% bei den Frauen mit Migrationsgeschichte. Die Frauen aus der Türkei lagen mit 43% unter dem statistischen Mittel. Das Bildungsniveau der Migrantinnen sei durch zwei Pole geprägt: Jede Vierte hat eine sehr niedrige Qualifikation und jede Fünfte eine sehr hohe. Der Ausbildungsgrad der neueren Gruppen ist deutlich besser, als bei den Gruppen, die schon früher gekommen sind. Die Teilnahme an der Aus- und Weiterbildung sei bei Türkinnen ebenfalls sehr gering: Frauen aus der Türkei sind überwiegend in Dienstleistungs- und Handelsberufen beschäftigt. 2/3 der Türkinnen sind Arbeiterinnen und in Hilfs- und Anlernpostionen. Es sind oft Tätigkeiten, die prekär sind, Dienstverhältnisse, die befristet sind, geteilte Dienste haben und ähnliches. Generell ist das Arbeitsumfeld von Instabilität geprägt. Kennzeichnend dafür sei, so Sel, dass viele davon etwa in den Betrieben nicht zur Stammbelegschaft gehören würden und kein Mitspracherecht hätten. Abschlußpodium Den Abschluss der JUKUS Tagung bildete eine Politiker*innendiskussion, an der Vertreter von SPÖ/LAbg. Johannes Schwarz, ÖVP/GR Peter Piffl-Percevic, KPÖ/LAbg Claudia Klimt-Weithaler und GR Nibaldo Vargas von den Grünen teilnahmen. In der Diskussion wurde von Piffl-Percevic die Teilhabefähigkeit betont und dass es um die Eigeninitiative der Menschen gehe. Migrant*innen dürften nicht warten, dass man auf sie zutritt, sondern sie müssten selbst aktiv werden. Bildung sei für ihn der Schlüssel, um die Teilhabechancen zu erhöhen. Einig waren sich die Politiker*innen am Podium darüber, dass man jahrelang das Thema weggeschoben und verdrängt habe. Einig war man sich aber auch darin, dass in den letzten Jahren viel passiert sei, etwa - wie Schwarz betonte – die Errichtung des Integrationsressorts und der Beschluss und den Aktivitäten zur Charta des Zusammenlebens. Vargas forderte, weniger Eurozentrismus und die Ressourcen der Migrant*innen stärker in den Mittelpunkt zu setzen ein, denn "Integation werde oft auch als Adaptierung unseres Lebensstils" verstanden. Klimt-Weithaler (KPÖ) meinte, dass es für Schüler*innen heute völlig normal sei, Freund*innen mit Migrationshintergrund zu haben. Für die Generationen davor war das noch ganz anders. Diese Veränderungen bedeutet auch für Politiker*innen und Parteien, dass man sich damit beschäftigen muss. Schwarz und Klimt-Weithalter erwähnten selbstkritisch den Prozess in ihren eigenen Partei, der lange gebraucht habe, aber nun in Gang gekommen sei. Kritisch wird - vor allem von Grüne und KPÖ die Spar- und Kürzungspolitik gesehen, denn man könne auf der einen Seite nicht Deutschkenntnisse und Partizipation fordern und auf der anderen Seite Vereine, die das unterstützen die Gelder kürzen. Zwar gebe es den Migrant*innenbeirat in der Stadt Graz, aber von vollen Rechten - wie etwa das Wahlrecht könne keine Rede sein. Einig waren sich alle am Podium, dass noch viel zu tun sei um zu guten Lösungen zu gelangen.
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